Sonntag, 15. März 2015

Acht Monate später



Queridos.

Dies ist wohl mein letzter Post aus Kolumbien. Mein Flieger geht morgen mittag. Lässige 22 Stunden später bin ich dann wieder im schönen deutschen Lande. 

Eigentlich hatte ich diesen Post nach dem Reisen geschrieben und mich dann dagegen entschieden ihn zu veröffentlichen, weil ich dachte für den ganzen sentimentalen crap interessiert sich eh niemand.
Aber irgendwie hab ich gerade beim lesen gedacht, vielleicht ist er ein ganz schöner Abschluss. Nicht unbedingt eine Zuammenfassung aber irgendwie eine Ordnung meiner Gedanken.
Also seid nicht enttäuscht wenn er nicht witzig oder spannend ist aber ihr habt ja bis jetzt immer mitgelesen also könnt ihr euch den Post jetzt auch noch antun :P (oder halt nicht #itsafreeworld)


Reisen ( und auch Urlaub und Auslandssemester ) heisst fuer mich nachdenken zu koennen. Waehrend einer 8 Stunden Busfahrt, Musik zu hoeren und meine Gedanken schweifen zu lassen. Ueber Gott und die Welt nachdenken. Rückbesinnen. Mal nicht im Alltag versinken. Es gibt fuer mich kaum etwas Entspannenderes. Was mir dabei so durch meinen kleine Kopf gegangen ist habe ich mal fuer euch zusammen gefasst.

Nicht, weil ich mich rechtfertigen muss, sondern weil ich erklaeren will warum Reisen, andere Kulturen kennenlernen und ein Auslandsemester zu machen fuer mich wichtig sind. Das hoert sich jetzt wahrscheinlich wahnsinnig klischeehaft an aber es ist wahr: Im Ausland lernt man fuers Leben. Ich hoffe natuerlich auch, dass ich was Spansich gelernt habe aber darum alleine geht es, zum Erstaunen mancher eventuell, nicht alleine. Das sieht vielleicht die allgemeine Bevölkerung anders. Ich nicht. Mein Blog. Meine Meinung.haha

Man lernt sich selber kennen. Man lernt andere Kulturen kennen und man lernt mit schwierigen, stressigen Situationen umzugehen und zu schaetzen was einem das Leben goennt. Man sieht die Schoenheit der Erde mit anderen Augen und entwickelt ein anderes Bewusstsein fuer die kleinen Dingen. Man sammelt Wissen an und faengt an zu vergleichen.
Man lernt, man versteht, man entwickelt sich und seine Ansichten weiter. Man lernt sich selbst zu vertrauen und seine Comofortzone auch mal zu verlassen.
Meine Hostmama in Australien hat mir mal gesagt "the world is yours". Und genauso ist es. Ich kann so viel erreichen, wenn ich nur will. Es gibt so viel zu sehen, wenn ich nur die Augen oeffne. Es gibt so viel zu erfahren, wenn du dich nur drauf einlaesst. Man lebt. Man sieht und fuehlt die schoensten Dinge.

Atmosphaere kann man nicht mit der Kamera einfangen. Fuer mich hat das auch etwas mit Glauben zu tun. Ich spuehre Gott in all den Situationen die mir den Atem rauben. Wenn ich komplett durchnaesst im Regenwald stehe. Wenn ich die hoechsten Berge erklimme und die Aussicht unwirklich scheint. Wenn ich denke, ich kann nicht mehr weiter laufen und es trotzdem tue. Das ist Glueck pur. Das Gefuehl von Glueck. Dauerhaftes Glueck kann nur Liebe sein und ist Gott nicht eigentlich wahrgewordene Liebe?! Ich finde das ganz gut. Fuer mich macht das Sinn.

Ich bin , weitesgehend, auf mich alleine gestellt. Ich uebernehme Verantwortung. Ich sehe das so: Ich achte nicht auf mich fuer mich, sondern fuer die Menschen, die so viel Liebe, Arbeit und Gedult in mich und meine Entwicklung investiert haben. Ich gehe nicht fahrlaessig mit meinem Leben um, weil ich weiss, dass mein Leben/Glueck anderen viel bedeutet. Ich lebe natuerlich fuer mich und bin an meinem eigenen Glueck interessiert. Aber mein Glueck heisst auch, dass ich andere gluecklich mache,stolz mache, dass sich die "Investitionen" der Vergangeheit gelohnt haben. So freue ich mich ja auch und bin gluecklich darueber, wenn es meiner Familie und Freunden gut geht und sie gluecklich sind. Glueck ist das einzige was sich verdoppelt, wenn man es teilt. Und man lernt oft die Menschen die einem am wichtigsten sind erst richtig zu schätzen, wenn man nicht mehr tagtäglich mit ihnen konfrontiert wird und an ihr Dasein erinnert wird und ihre Leistungen für einen selbst nicht mehr für offensichtlich hinimmt.

Ich urteile nicht. Ich kenne nicht die Geschichte und verstehe vielleicht nicht die Beweggruende jeder Person. Ich werde mir nicht anmaßen, urteilen zu koennen. Toleranz und Verstaendnis sind nicht nur bei den grossen Themen wichtig. Auch bei den kleinen. Ich habe Rassimus gespuehrt und durch meine deutsche Kulturbrille gesehen. Ich bin deutscher als ich es manchmal gerne waere. Ich bin direkter als ich gerne waere. Ich habe keine Gedult. Ich verlange von anderen oft viel. Noch mehr verlange ich allerdings von mir selber. Ich weiss zu schaetzen was ich besitze und welche Chancen mir das Leben gegeben hat, weil ich auch hautnah gesehen habe wie ungerecht die Welt sein kann. Und wenn ich meinen Teller aufesse und keine Lebensmittel wegschmeisse dann mache ich das nicht nur weil mir meine Mama mir gesagt hat "das Kinder in Afrika hungern" sondern weil mich Kinder in Lumpen in Sued Amerika nach Essen gefragt haben.

Ich habe gelernt was mir wirklich wichtig ist. Im Leben, an Menschen, an mir. Das man nach seinem Glueck streben muss und sich nicht unterkriegen lassen darf von so viel unwichtigem, weil ich mit Menschen geredet habe, die traumatisiert sind von Buergerkrieg und Drogenmafia und die trotzdem auf jeden Anderen mit einem Laecheln zugehen. Das Oberflaechligkeiten und materielle Gueter das  Unwichtigste sind und dass Charakterbildung ein komplexes Thema ist. Dass ich meine Schwaechen kenne und schaetzen und auf meine Staerken vertraue und sie nicht unterbewerten darf. Dass ich eigentlich noch gar nichts vom Leben weiss. Dass ich noch viel lernen muss.

Ich liebe Kolumbien. Süd Amerika ist ein Abenteuer. Ich war in meinem Leben noch nie so krank wie hier. Es ist nicht schön, wenn du dir nicht sicher sein kannst ob der Obdachlose der da liegt nur schläft oder tot ist aber du auch einsehen musst, dass du ihm nicht helfen kannst. Es ist schön, wenn Fremde Freunde werden und du Erlebnisse teilen kannst die tief verbinden. Es lehrt, wenn du dir über deine eigene Kultur bewusst wirst und wie sehr du geprägt bist von ihr.

Ich habe das Leben genossen. Vielleicht auch ohne es mir vorher verdient zu haben. Aber das ist eine deutsche Ansicht, das man nur genießen darf, wenn man es sich vorher verdient hat. Ich sage nicht, dass das falsch ist. Ich denke genau so. Mir wurde das so beigebracht. Ich bin so erzogen worden. Aber eine Kultur, eine Erziehung ist eben im Endeffekt nur das. Eine. Nicht die Einzige. Nicht die universel Richtige.

Ich habe es nicht einen Moment bereuht nach Medellín gegangen zu sein. Ich mein´, es ist Kolumbien, nicht das andere Ende der Welt... naja okay vielleicht ist es schon das andere Ende der Welt .. aber was heißt das schon?! Es ist diese Welt. Diese Welt ist wunderbar. It's mine, remember.  Medellín is mine. Medellín ist grandios! Medellín es una chimba ! 

Mit diesem Satz schließe ich also nun ab und hoffe ich konnte euch alle immer "auf dem Laufenden halten", einen Eindruck von Kolumbien geben und euch ein wenig unterhalten.

Ich freu mich wahnsinnig auf euch
Hasta súper pronto
besos ♥

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